LG Bad Soden / Neuenhain

Leichtathletik

Was macht eigentlich - Christian Haag?

Wer sich einmal gründlich in die ewigen Bestenlisten der LG BSN für die Männer und Frauen vertieft, kommt an Christian Haag nicht vorbei – insgesamt 15mal ist er in der aktuellen Liste (Stand 1.9.2021) notiert. Und es wären sicherlich noch ein paar Eintragungen mehr, wenn er nicht auch für andere Vereine im MTK unterwegs gewesen wäre. Christian war (d.h. in seiner aktiven Zeit) ein sehr vielseitiger Athlet, der heute noch die (Langzeit)Vereinsrekorde über 800m, 400m Hürden, 3000m Hindernis und im 5-Kampf (Einzel und Mannschaft) sowie mit den Staffeln über 4x800m und 4x1500m hält. Alle Bestmarken stammen noch aus dem letzten Jahrhundert – Ausweis einer hohen Qualität.
Und Christian war es auch – nun als Informatiker – der 1996 maßgeblich die erste Homepage der LG BSN im Internet betrieb. Die LG BSN war damit der zweite hessische Verein (nach der SG Nied), der im Internet vertreten war.

Grund genug also für Rüdiger Müller, freier Mitarbeiter des Höchster Kreisblattes, sich auf Spurensuche zu Christian Haag zu begeben. Das Resultat erschien kürzlich im Kreisblatt:


Was macht eigentlich - Christian Haag?

Blickt Christian Haag (50) auf seine leichtathletische Laufbahn zurück, kann er sich als Spätstarter bezeichnen. Zur Leichtathletik kam er als Schüler im Alter von 7 Jahren. Mutter Dorothee war dabei die treibende Kraft. Erste Trainer waren Ingrid und Norbert Gebhardt (TG Weilbach). "Wer mich in den Ergebnislisten suchte, kam deutlich schneller voran, wenn er diese vom Ende las", beschreibt der Diplom-Informatiker sein anfängliches leichtathletisches Leistungsvermögen. Mehrkampf, Crosslauf und Mittelstrecke waren sein Metier. Der Trainingsumfang dafür altersgemäß - zweimal die Woche. Als Jugendlicher entwickelte Christian Haag mehr Ehrgeiz, trainierte öfter und die Erfolge ließen nicht lange auf sich warten. 1988 wurde er über die 400 m Hürden als A-Jugendlicher in 57,7 Sekunden Bezirksmeister, 1990 Hessischer Junioren Meister in 55,27 Sekunden über die gleiche Strecke. Die 400 m Hürden waren zwischenzeitlich schnell zu seiner Lieblingsstrecke geworden. "Die Konzentration auf den Rhythmus und die Renneinteilung gefielen mir", erläutert Christian Haag seine Begeisterung für den Langhürden-Sprint.

Den Fokus auf diese Strecke zu legen, gab ihm recht. So stand er von 1993 - 1997 fünfmal im Finale der Süddeutschen. 1994, 1995, 1997 und 1998 wurde er jeweils Hessenmeister über diese Strecke. Bei den Süddeutschen Meisterschaften 1995 in Nürnberg stellte er am 15. Juli mit 52,23 Sekunden einen neuen Kreis- und Bezirksrekord (Bezirk Wiesbaden) auf. Diese Marke besteht noch heute. Aktuell bedeutet das im bundesdeutschen Ranking 2021 Rang neun. Sein Leistungsvermögen über die 400 m Hürden eröffneten ihm auch die Teilnahme an den "Deutschen" in Erfurt (1994), Bremen (1995) und Berlin (1998). Hier war zwar im Vorlauf erwartungsgemäß Endstation, aber. „Bei den Deutschen dabei zu sein, war toll. Man musste am Anfang der Saison eine Quali (damals 53,20 Sekunden) laufen und die Atmosphäre in so einem großen Stadion war schon etwas ganz Besonderes.“ erinnerte er sich gerne zurück.

Einen großen Erfolg feierte Christian Haag auch über die 800 m bei den "Kleinen Deutschen" 1997 in Ahlen*. Er gewann mit 1:54,78 Minuten. „Das war kurios. Ich war im vermeintlich langsameren Lauf. Wir gingen recht flott an und ich konnte im Schlussspurt gewinnen. Im nachfolgenden Lauf, der vorher als schneller Lauf eingestuft war, entwickelte sich ein Bummelrennen. Da verließen sich alle Starter auf ihren Schlussspurt. Das aber war am Ende zu wenig, so dass ich sehr überraschend "Kleiner Deutscher Meister" wurde. Der Mut, das Rennen schnell anzugehen und ein guter Schlussspurt haben sich für mich ausgezahlt", meinte Christian Haag.

Das Resultat "Kleiner Deutscher Meister" bestätigte Christian Haag 1998 mit einem Kreisrekord von 1:52,61 Minuten (heute noch gültig) und in Riesa bei den Süddeutschen Meisterschaften am 9. August 1998. 1:53,25 Minuten bedeuteten Platz fünf im Finale.
Trotz auch guter Erfolgsbilanz über die 800 m blieben die 400 m Hürden seine Lieblingsstrecke. "Da muss man nicht nur 400 m laufen können. Im Laufe meiner Karriere habe ich einige 400 m Läufer getroffen, die über die 400 m "flach" schneller waren als ich. Ein erfolgreicher Umstieg auf die 400 m Hürden gelang der Konkurrenz dennoch nicht. Am Ende war keiner schneller über die 400 m Hürden, weil die Konkurrenten meistens nur mit "einem Bein" über die Hürden laufen konnten. Sie mussten dann vom 13 er Rhythmus, den sie nicht durchlaufen konnten, auf den 15 er Rhythmus wechseln. Das kam einer Vollbremsung gleich. Ich hingegen konnte die Hürden mit "beiden Beinen" überlaufen, musste vor den Hürden nicht trippeln", erinnert sich Christian Haag an seinen guten Hürdenrhythmus, der ihn aber auch viel Training kostete. Der Aufwand hat sich gelohnt. Die Hürdenläufe führten ihn auch mit dem international erfolgreichen Edgar Itt zusammen - so bei den Süddeutschen 1993 in Stuttgart, bei den Deutschen 1994 in Erfurt und bei Vorbereitungsläufen auf die jeweilige Saison. Bei seinem großen Vorbild Harald Schmid (Olympiamedaillengewinner, 5-facher Europameister und früherer Europarekordhalter) trainierte er im Hessenkader

Auch bei Hochschulmeisterschaften zog Christian Haag erfolgreich seine Stadion-Runden. So bei den Internationalen Deutschen Hochschulmeisterschaften am 19. Juni 1994 in Pfungstadt. Dort lief er die 400 m "flach" in 48,33 Sekunden, bis zum Jahre 2019 MTK-Kreisrekord. Dabei verbesserte er seine bisherige Bestzeit um 2 Sekunden. Auch bei den Polnisch-Deutschen Hochschulmeisterschaften am 19. Mai 1996 in Breslau war er im Finale über die 400 m Hürden vertreten - 53,67 Sekunden waren Rang sechs.

2001 beendete er seine Laufbahn aus beruflichen Gründen, trainierte nicht mehr so viel und nahm nur noch vereinzelt an Wettkämpfen teil. Seinen vorerst letzten Erfolg feierte er 2005 in 2:07,38 Minuten als Hessischer Senioren-Meister der M35 über 800 m. Ein Traineramt zu übernehmen kam für ihn aber nicht in Frage. "Meine Frau Michaela war jahrelang Schüler- und Jugendtrainerin. Eine aus der Familie reicht", sagt Christian Haag, der gegenüber seiner Wettkampfzeit nur 3 kg zugenommen hat. Dennoch - ohne Sport geht es nicht. Heute ist Hallen-Volleyball-Mixed und Joggen mit Sohn Fabian (17), aktiv beim TV Okriftel, angesagt. Tochter Daniela (14) unterstützt ihre Mutter seit Jahren im Wettkampfbüro bei der Organisation von Meisterschaften des Leichtathletik-Kreises Main-Taunus.

Christian Haag hingegen verfolgt locker das "Leben" seiner Kreisrekorde in Einzel und Staffelläufen. Es zeichnet sich ab, dass einige wohl noch lange in den Kreis-Rekordlisten verzeichnet sein werden.
- rmü –

* Anm. d. Red: Zu den Kleinen Deutschen Meisterschaften wurde die Athletinnen und Athleten eingeladen, die bei den "Großen Deutschen Meisterschaften" nicht unter die ersten Acht kamen. Die „kleinen‘“ Meisterschaften fanden von 1991 bis 2001 statt

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