LG Bad Soden / Neuenhain

Leichtathletik

"Ultra" Frank Wiegand siegt beim Berliner Mauerweglauf

Zum zweiten Mal lief unser Ultramann Frank Wiegand den Berliner Mauerweglauf. Seit 2011 erinnert der Mauerweglauf an die Opfer der früheren Grenze, die Deutschland zwischen 1961 und 1989 teilte. Gelaufen wird dabei auf dem ehemaligen Grenzstreifen, das sind etwas mehr als 161 Kilometer rund um das westliche Berlin. Schirmherr der 100MeilenBerlin ist der frühere DDR-Bürgerrechtler Rainer Eppelmann. Die Laufrichtung erfolgt abwechselnd im bzw. gegen den Uhrzeigersinn.

Eine großartige Leistung von Frank, denn er gewann nach 16:53:01 Stunden seine Altersklasse M 50. Besser und stimmungsvoller als der Läufer selbst kann kaum einer den Lauf und was dabei alles passiert beschreiben als Frank selbst:

Hier also sein Erlebnisbericht:

Berlin am 17.8 19: Mauerweglauf 2019

Im letzten Jahr habe ich erstmals an einem 100 Meilen-Rennen im Zuge des geschichtsträchtigen Berliner Mauerweglaufs teilgenommen und dort viele mir bekannte Orte aus meiner Kindheit aus völlig neuer Perspektive erleben dürfen. Am Ende stand der 5. Gesamtplatz und die für mich sensationelle Qualifikation für den Spartathlon in 15:25 Stunden (Quali lag bei 16:48 h).

Im Januar habe ich dann gemeinsam mit meiner Frau entschieden, mich dort anzumelden und mit ihr zusammen das Abenteuer Spartathlon anzugehen.
Das hieß, dass ich auch in der Vorbereitung wieder viele lange Rennen und einen ultimativen Test brauchte. Was lag also näher als den Mauerweg 6 Wochen vorher noch einmal zu laufen. Dieses Mal als Training unter Wettkampfbedingungen mit angezogener Handbremse.

In der Vorbereitung auf den Mauerweg habe ich auch dieses Mal wieder am 6 Stunden Lauf in Illingen an der Saar teilgenommen, um zumindest mal die halbe Distanz im direkten Vorfeld zu laufen. Das lief auch ziemlich gut für mich. Wie im Vorjahr konnte ich wieder meine AK gewinnen, auch wenn die Distanz mit 84,6 Km wegen der großen Hitze etwas geringer ausfiel und ich insgesamt nur Platz 2 gegen einen starken junge Spanier belegte. Leicht verschmerzbar gegen einen Weltklassemann, der 90 KM + laufen wollte.

Am 16.8.19 setzten sich Anna und ich morgens in unser Wohnmobil und fuhren gemütlich Richtung Berlin, wo wir unmittelbar am F.-L.-Jahn Stadion eine Parkmöglichkeit für die nächsten 3 Tage fanden. Zu Fuss zur Startnummernausgabe im Hotel am Alex marschiert, da ich dieses Mal nur Annas Radel eingepackt hatte, in der Hoffnung, dass sie den Mut finden würde, quer durch Berlin zu fahren, um mich zu supporten.

Morgens um 6 Uhr ging es dann in der Dämmerung los auf das Abenteuer Mauerweg. Dieses Mal gegen den Uhrzeigersinn nach Norden, nachdem wir letztes Jahr Richtung Süden durch Berlin Mitte gestartet waren, was früh morgens unproblematisch ist. Aber dazu später.

Die ersten 75 km liefen relative unspektakulär nach Plan bis zum 2. Dropbag . Ich lief mein geplantes Tempo mit Jürgen Heilbock, meinem alten TAR Buddy. Manchmal etwas zu flott, da wir uns in einem Paket mit den ersten 3 Frauen bewegten, die ordentlich Druck machten. Beim ersten Dropbag nach 36 Km habe ich nur etwas Nahrung und Getränke aufgenommen, am 2. erfolgte dann der erste Socken- und Schuhwechsel wie geplant. Noch mal kurz abgeschmiert, Getränke und Essen verstaut und schon ging es weiter vom Schloss Sacrow an der Havel entlang in Richtung der berühmten Glienicker Brücke nach Potsdam. Kurz vor ihr passierte ich die zweitplatzierte Frau, die schon ziemlich durch war. Vermutlich zu schnell angelaufen!

Leider verlor Jürgen schon kurz nach dem Stop den Anschluss und ich verlor ihn bis zum nächsten VP aus den Augen. Da es mir zu dem Zeitpunkt sehr gut ging, nachdem ich bei KM 40 einen kurzen Durchhänger hatte, lief ich zügig weiter Richtung Wannsee und Schloss Babelsberg. Kurz danach tauchten meine Freunde Silke und Tom beim VP Km 95 auf und begleiteten mich erfreulicherweise für ca. 7 km durch den Grunewald auf dem Königsweg. Das war kurzweilig und verschaffte mir die Gelegenheit, meine Frau davon zu informieren, wie ich im Rennen liege und das es mir gut ging. Bis dato wusste ich noch nicht, ob sie mir wie letztes Mal wieder mit dem Radel entgegen kommt oder nicht.

Der dritte Dropbag war in Teltow bei ca. Km 104 in einem Sportlerheim. Inzwischen waren Rund 10 Stunden vergangen. Ich wechselte erneut Socken und Schuhe, so wie mein total verschwitztes Hemd und die Kappe, da beides schon sehr stark roch, denn inzwischen war nach bedecktem Morgenhimmel die Sonne raus gekommen und es war ordentlich warm geworden.

Just als ich meinen Rucksack wieder aufsetzte und meine Verpflegung verstaute, stand auf einmal Anna grinsend vor mir. Das war richtig toll und ich hab mich schon sehr gefreut, sie nun für die letzten 58 km an meiner Seite zu wissen. Schnell noch eine warme Nudelsuppe verspeist, bevor es gemeinsam weiter Richtung Treptow im Süden von Berlin ging.
Lange Geraden über Felder und durch sandige Abschnitte bestimmten die nächsten 3 Stunden.
So ab 126,6 km (3 Marathons geschafft) wurde es dann aber doch ziemlich zäh und Anna musste mich immer wieder motivieren, nicht vom Laufen ins Gehen zu verfallen, was irgendwann nicht mehr vermeidbar war. Also 5 Km laufen, 500 m gehen, so mein Rhythmus mit dem ich mich Stück für Stück der Innenstadt näherte.

Dort kamen wir just zu dem Zeitpunkt an, als die Hölle los war. Zwischen 21 und 22 Uhr durch Kreuzberg und an der Eastside Gallery vorbei zu laufen, grenzt an einen Hindernisparcours und ist kein Vergnügen. Dazu noch im Dunkeln, was die Orientierung mit den kleinen Pfeilen an den Laternen sehr erschwert hat.
Irgendwie hatten wir uns beide da durchgeschlagen und Anna war am Brandenburger Tor schon recht entnervt. Bis dahin war ich ohne Sturz und Verlaufer durchgekommen, was im Vorjahr nicht so war. Aber man soll den Tag nicht vor dem Abend loben.
6 Km vor dem Ziel, unmittelbar vor dem letzten VP, gab es eine unklare Situation wegen einer Baustelle und prompt wurden wir in die falsche Richtung geleitet. Leider auf die falsche Seite der Spree, so dass ein Zurücklaufen auf den Track, den meine Uhr anzeigte, nicht möglich war. Also bis zur nächsten Brücke weiter und versuchen, auf einem Umweg wieder auf die Strecke zu finden. Leider musste ich dauernd auf meine Uhr sehen und habe daher im Dunkeln einen rausstehenden Kopfstein übersehen. Prompt lag ich doch noch auf der Nase. 4 Km vor dem Ziel. Grmmmpf. Ärgerlich. Adrenalinspiegel bei 100% und auf einmal wieder hellwach. Nix weiter passiert, da ich mich noch geschickt abrollen konnte.
Kurz danach fanden wir zurück auf die Strecke und der Rest verlief nun wie im Flug. Dem Ziel so nahe, wuchsen mir noch mal Flügel.
Die Uhr zeigte noch vor 23:00, so dass eine Zeit unter 17 Stunden noch möglich war. Irgendwie hat mich da wohl der Ehrgeiz gepackt, weil das exakt meine angestrebte Zielzeit war. Am Ende konnte ich noch richtig über die Bahn ballern und nach 16:53:01 h glücklich zum 2. Mal über die Ziellinie des Mauerweg laufen. Anna wartete schon und machte noch ein paar schöne Erinnerungsaufnahmen. Danke für die tolle Begleitung Schatz.

Am nächsten Tag gab's den 2. begehrten Buckle, die Gürtelschnalle für Sub 24 h Finisher, und meine Back-to-back Medaille für das zweimalige Finish in beide Richtungen. Top 6 gelaufen und dieses Mal sogar meine Altersklasse gewonnen war dann doch mehr als ich mir vorher erwartet hatte. Generalprobe für den Spartathlon also gelungen. Man darf also gespannt sein. See U in Athen on the road to Sparta !

Euer Frank




FM