LG Bad Soden / Neuenhain

Leichtathletik

Wettkampf: Der Weltrekord ist das nächste Ziel

Artikel aus dem Höchster Kreisblatt vom 30.5.2015:

Deutscher Rekordhalter über 800 m in der Klasse M 55: Peter Oberließen.




















Peter Oberließen lief bei den Bahneröffnungs-Wettkämpfen seines Vereins LG Bad Soden/Sulzbach/Neuenhain einen deutschen Rekord über 800 m in der Altersklasse M 55.


Neuenhain.

Es war fast wie bei einem der „Diamond-League-Meetings“. Nur dass es kein Preisgeld gab und weniger Zuschauer den Lauf des Lokalmatadoren von der LG Bad Soden/Sulzbach/Neuenhain sahen. Mit Tom Gebel (HTG Bad Homburg) und Björn Dollmann (USC Mainz) gab es Tempomacher, die für fast gleichschnelle Runden sorgten. Im Sog des mit 2:01,95 min. siegreichen B-Jugendlichen Tom Gebel – er verbesserte sich um mehr als vier Sekunden – stürmte Oberließen nach 2:02,43 min. ins Ziel.

Damit hatte er den Uralt-Rekord von Berthold Neumann (PSG Rotenburg) geknackt, der vor 30 Jahren in Oldenburg handgestoppte 2:04,4 min. gelaufen war. Es ist der zweite deutsche Rekord für den Athleten, der im Winter in Kalbach einen deutschen Hallen-Rekord gelaufen war. Damit ist Oberließen in seinem ersten Jahr der Altersklasse M 55 in Deutschland auf der kurzen Mittelstrecke Maß aller Dinge.

Dabei war er mit dem Lauf nicht zufrieden. „Er war optimal vorbereitet, aber ich war in der ersten Runde zu langsam“, erklärte er, „da habe ich mir zu viel Luft gegönnt und bin nach 60 Sekunden auf die zweite Runde gegangen. Ideal wären 58:30 Sekunden und drei Sekunden mehr in der zweiten Runde. Dann wäre die Zeit von unter zwei Minuten irgendwann realistisch“.

Bemerkenswert ist auch, dass die gerade erzielte Leistung „Lebensbestzeit“ bedeutet. Seine bisherige Bestmarke von 2:03,1 min. stammt aus dem Jahr 1979. Eine interessante Entwicklung, werden doch Bestzeiten im Juniorenbereich oder bei den Erwachsenen gelaufen. Danach zeigt die Leistungskurve im Bereich der Schnelligkeitsausdauer, wozu die 800 Meter gehören, langsam nach unten. Doch die Vita von Peter Oberließen ist anders. „Ich habe kurz vor meinem Abi aufgehört und 27 Jahre nichts gemacht. Erst vor zehn Jahren begann ich wieder mit dem Training“, berichtet der 54-Jährige. Er ist der Meinung, dass das Training viel ausmacht. „Wenn ich sehr talentiert wäre, hätte ich als Jugendlicher schneller laufen müssen. Bei mir geht es über das Training. Als Erwachsener bin ich dazu vom Kopf her in der Lage“, berichtet Oberließen. Er hat die körperliche Fitness – vielleicht auch durch die lange Pause – und macht sein Training und die Trainingspläne selbst. „Ich habe keinen Trainer, mache sehr viel Joga und bin der Meinung, dass ich in meinem Alter das Training individueller und flexibler gestalten muss“, erklärt er. Dazu gehört, dass er die kürzeren Strecken angeht: „Ich muss die 400 Meter laufen, um auf 800 Metern gut zu sein. Man muss auch sprinten können. So habe ich bei den Hessenmeisterschaften die 100 Meter gemeldet und glaube, dass ich dort konkurrenzfähig bin.“

Als Schwäche bezeichnet Oberließen, dass er kein ausgeprägtes Tempogefühl habe. „Ich war in Ellwangen, bin mit jüngeren Läufern an den Start gegangen, die sich gute Zeiten vorgenommen hatten. Doch plötzlich waren wir über 800 m drei Sekunden langsamer“, berichtet er. Immerhin lief er dort mit 54,78 Sekunden über 400 m einen hessischen Rekord, liegt aber noch hinter der 20 Jahre alten deutschen Bestmarke von Guido Müller (53,06).

Das nächste große Ziel von Peter Oberließen ist der M 55-Weltrekord, den der Amerikaner Anselm Le Bourne vor kurzem auf 2:02,16 Minuten verbessert hat. „Er ist eineinhalb Jahre älter als ich, so dass er in der Klasse M 55 läuft. Ich bin international ja noch in der Klasse M 50, da ich erst am Jahresende Geburtstag habe“, erklärt der Bad Sodener, der deshalb erst im kommenden Jahr dieses Ziel angehen kann, das nur 27 Hundertstel entfernt ist.

In Ellwangen traf er auf Kai-Steffen Frank (LG Salmertal), einen seiner härtesten Konkurrenten. „Wir sind befreundet, tauschen uns über Trainingseinheiten aus und verabreden uns zu Wettkämpfen“, erklärt Oberließen. Das Gleiche gilt auch für Jörg Bender (TuS Minden), auf den er vom 10. bis 12. Juli bei den deutschen Meisterschaften in Zittau trifft. „Er möchte Europarekord laufen, und ich würde ihm gerne helfen“, erklärt Oberließen. Anschließend geht es für ihn zu den Weltmeisterschaften vom 5. bis 16. August in Lyon, wo Oberließen in der M 50 startet.

Ihn beherrscht die Frage, wie lange er auf diesem Niveau laufen kann: „Irgendwann kommt der Bruch. Davor möchte ich als ältester Mensch unter zwei Minuten laufen.“
(jp,vho)
FM